Erläuterungen
1. Interkantonale Zuständigkeit
Das ZUG bestimmt, welcher Kanton für die Unterstützung einer bedürftigen Person zuständig ist. Welche Behörde innerkantonal zuständig ist, ergibt sich aus der Sozialhilfegesetzgebung der einzelnen Kantone.
2. Zuständigkeitsprüfung von Amtes wegen
Die DISG ist die kantonale Amtsstelle gemäss Art. 29 Abs. 1 ZUG. Sie ist zuständig für den Schrift- und Zahlungsverkehr in interkantonalen Fällen sowie den Austausch mit den ZUG-Stellen anderer Kantonen, bspw. zur Klärung von Zuständigkeitsfragen.
Bei interkantonalen Zuständigkeitskonflikten, welche unter den involvierten Gemeinden nicht einvernehmlich geregelt werden können, ist die Dienststelle Soziales und Gesellschaft unter Beilage aller sachdienlicher Unterlagen über den Sachverhalt zu informieren. Kommt die Dienstelle Soziales und Gesellschaft zum Schluss, dass eine Zuständigkeit der Luzerner Gemeinde nicht gegeben ist, versucht sie mit der nach Art. 29 ZUG zuständigen ausserkantonale Stelle eine Klärung der Zuständigkeit herbeizuführen.
3. Arten von negativen Kompetenzkonflikten
Verneinen die um Hilfe ersuchten Gemeinden ihre Zuständigkeit, liegt ein so genannter negativer Kompetenzkonflikt vor. Solche Zuständigkeitsstreitigkeiten können sich z.B. ergeben, wenn
- umstritten ist, ob sich eine Person lediglich zu einem Sonderzweck in einem anderen Kanton aufhält
- eine Person aus der bisher bewohnten Wohnung in der Gemeinde X wegzieht und in eine lose begleitete Wohnform im Nachbarkanton eintritt, bei der die Qualifikation als Heim im Sinne von Art. 5 ZUG umstritten ist
- eine Person über keinen Unterstützungswohnsitz verfügt und sich in zwei verschiedenen Gemeinden aufhält, so dass unklar ist, welcher der nach Art. 11 ZUG zuständige Aufenthaltskanton bzw. welche die zuständige Aufenthaltsgemeinde ist
- ein Kind fremdplatziert wird, die Eltern in den Nachbarkanton ziehen und umstritten ist, ob das Kind bloss vorübergehend oder dauernd fremdplatziert ist.
4. Verpflichtung zur vorsorglichen Unterstützung bei negativen Kompetenzkonflikten
Negative Kompetenzkonflikte dürfen sich nicht zulasten der hilfesuchenden Person auswirken. Ist diese sofort auf Hilfe angewiesen, ist sie dort, wo sie sich aktuell aufhält, einstweilen, d.h. unpräjudiziell und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht, zu unterstützen.
In der Praxis kommt es auch vor, dass die hilfebedürftige Person vom bisherigen Kanton weiter unterstützt wird, obwohl sie diesen bereits verlassen hat. Dies kann sinnvoll sein, weil der bisherige Kanton mit dem Fall bereits vertraut ist. Für die betroffene Person besteht ausserdem der Vorteil, dass sie solange die Zuständigkeit nicht definitiv geklärt ist die gleiche Ansprechstelle hat.
5. Unterstützungsanzeige
Kommt im Rahmen eines Meinungsaustausches zwischen den nach Art. 29 ZUG zuständigen Amtsstellen keine Einigung über die Zuständigkeit zustande (vgl. vorstehend Ziff. 2), bedarf es einer förmlichen Klärung der Zuständigkeit, d.h. einer Entscheidung, die Rechtswirkungen entfaltet und das unterliegende Gemeinwesen rechtskräftig zur Unterstützung der betreffenden Person verpflichtet. Das ZUG kennt kein spezielles Verfahren für die Klärung von negativen Kompetenzkonflikten. Es ist daher in solchen Fällen auf das Instrument der Unterstützungsanzeige (vgl. Art. 30 ZUG) zurückzugreifen.
Wie vorstehend in Ziff. 3 dargestellt kann entweder umstritten sein, welche Gemeinde bzw. welcher Kanton der Unterstützungswohnsitz der bedürftigen Person ist oder es ist umstritten, wer als zuständiger Aufenthaltskanton hilfepflichtig ist. Es handelt sich hier also weder um den klassischen Fall einer Notfallunterstützung nach Art. 30 ZUG (zumal in den hier zur Diskussion stehenden Fällen in aller Regel keine Nothilfe, sondern normale Sozialhilfeleistungen auszurichten sind), noch geht es um eine Weiterverrechnung von Sozialhilfekosten an den Heimatkanton nach Art. 31 ZUG. Derjenige Kanton, in welchem sich die auf sofortige Hilfe angewiesene Person aufhält, nimmt aber die Unterstützung auf, weil ein Notfall vorliegt und sich der negative Kompetenzkonflikt nicht zulasten der betreffenden Person auswirken darf. Dementsprechend ist nach Aufnahme der Unterstützung zuhanden des mutmasslichen Wohnkantons bzw. mutmasslich zuständigen Aufenthaltskantons eine Notfallunterstützungsanzeige im Sinne von Art. 30 ZUG einzureichen. Auf der Anzeige ist anzugeben, dass ein negativer Kompetenzkonflikt vorliegt und die Unterstützung demzufolge lediglich einstweilen und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht erfolgt. Zudem ist bei Personen ohne Unterstützungswohnsitz anzugeben, dass die Unterstützung der Aufenthaltsgemeinde an den nach Art. 11 ZUG zuständigen Aufenthaltskanton bzw. die zuständige Aufenthaltsgemeinde erfolgt.
Mit der Einreichung einer Notfallunterstützungsanzeige wird zum einen erreicht, dass die Zuständigkeit auf dem Weg eines Einspracheverfahrens nach Art. 33 ZUG geklärt werden kann, ist doch davon auszugehen, dass der im Einsprache- und allenfalls nachfolgenden Beschwerdeverfahren (Art. 34 ZUG) unterliegende Kanton bzw. die letztlich zuständige Gemeinde auch die Fallführung übernehmen wird. Zum anderen wird mit der Unterstützungsanzeige sichergestellt, dass der vorläufig unterstützende Kanton bzw. die vorläufig unterstützende Gemeinde die bis zur Fallübergabe angefallenen Kosten erstattet bekommt, wenn sich herausstellt, dass sie sozialhilferechtlich nicht zuständig war.