Unterstützungswohnsitz Erwachsener


Erläuterungen

1. Definition Unterstützungswohnsitz
Eine volljährige Person hat gemäss Art. 4 ZUG ihren Unterstützungswohnsitz - unter Vorbehalt der in Art. 5 ZUG genannten Ausnahmen - in der Gemeinde, in der sie sich mit der Absicht dauernden Verbleibens aufhält. Dies setzt zum einen voraus, dass sie sich dort tatsächlich niedergelassen und eingerichtet hat und damit über eine ordentliche Wohngelegenheit verfügt. Zum anderen muss sie die aus den gesamten Umstän­den erkennbare Absicht haben, dort nicht nur vorübergehend, sondern "dauerhaft", d.h. zumindest für längere Zeit bleiben zu wollen. Die Absicht des dauernden Verbleibens ist ein innerer Vorgang, auf den immer nur aus indirekten Wahrnehmungen geschlossen werden kann. Dabei sind alle Elemente der äusserlichen Gestaltung der Lebensverhältnisse zu berücksich­tigen, wobei die Wohnverhältnisse oft entscheidende Rückschlüsse zulassen. Bei der Wohn­sitzermittlung ist nicht auf den inneren Willen einer Person abzustellen, massgebend ist vielmehr, auf welche Absicht die erkennbaren äusseren Umstände schliessen lassen (vgl. auch Thomet Werner, Kommentar zum Bundesgesetz über die Zuständigkeit für die Unterstützung Bedürftiger (ZUG), 2.A., Zürich 1994, N 97 und dort zitierte Rechtsprechung).

Merkmale für das Vorhandensein eines Unterstützungswohnsitzes:

  • Polizeiliche Anmeldung
  • Anwesenheitsbewilligung für Ausländer
  • Vorhandensein einer ordentlichen Wohngelegenheit (eigene Wohnung, Zimmer in einer WG, allenfalls möbliertes Zimmer mit Mietvertrag etc.)
  • die Person hat sich für Dritte erkennbar eingerichtet (z.B. Postzustellung, Zeitungsabonnement, Telefon- und Internetanschluss etc.)
  • der Aufenthalt ist nicht von Vorneherein nur vorübergehender Natur, das heisst es besteht keine Absicht, in absehbarer Zeit in die vorherige Wohngemeinde zurückzukehren oder in eine dritte Gemeinde umzuziehen.

2. Zeitpunkt der Begründung des Unterstützungswohnsitzes
Grundsatz
Wer sich mit der erkennbaren Absicht des dauernden Verbleibens in einer Gemeinde niedergelassen hat und dort über eine ordentliche Wohngelegenheit verfügt, begründet im Zeitpunkt seiner Niederlassung in jener Gemeinde seinen Unterstützungswohnsitz, auch wenn er sich dort aus welchen Gründen auch immer nicht polizeilich angemeldet bzw. in der alten Wohngemeinde nicht abgemeldet hat.

Die gesetzliche Vermutung der polizeilichen Anmeldung
Die polizeiliche Anmeldung gilt als Begründung eines Wohnsitzes, wenn nicht nachgewiesen werden kann, dass der Aufenthalt schon früher oder erst später begonnen hat oder nur vorübergehender Natur ist (Art. 4 Abs. 2 ZUG). Dies bedeutet, dass die Melde- bzw. Bewilligungsverhältnisse zu einer Wohnsitzvermutung führen, die wiederlebar ist.

Dass die Hilfe suchende Person keinen Wohnsitz genommen, den Wohnsitz aufgegeben oder ihn erst später begründet hat, muss die Gemeinde, die daraus Rechte ableiten will, beweisen können. In der Regel ist das jene Gemeinde, in welcher die betroffene Person angemeldet ist bzw. zuletzt angemeldet war.

3. Wirkung des Aufenthalts in einer Institution
Der Aufenthalt in einem Heim, einem Spital oder einer anderen Einrichtung und die behördliche Unterbringung einer volljährigen Person in Familienpflege begründen keinen Unterstützungswohnsitz (Art. 5 ZUG) und lassen einen bestehenden Unterstützungswohnsitz nicht untergehen (Art. 9 Abs. ZUG).

Der Heimbegriff im Sozialhilferecht
Der Heimbegriff wird im Sozialhilferecht sehr weit gefasst. Ob eine Institution bzw. eine Wohnform als Heim (bzw. Institution oder Spital) gilt, ist nicht in jedem Fall von Vorneherein klar. Folgende Fragen helfen bei der Überprüfung:

  • Ist die Person in einem kollektiv besorgten Haushalt untergebracht?
  • Was ist der Zweck der Unterkunft?
  • Geht es um Gewährung von Obdach, Verpflegung und weiteren Dienstleistungen an fremde Personen oder um medizinische Versorgung und Pflege etc.?
  • Wie hoch ist der Fremdbestimmungsgrad?
  • Wie hoch ist der Abhängigkeitsgrad?

Das widerspiegelt sich auch in der Rechtsprechung des Bundesgerichts. So sind zwar beispielsweise im begleiteten Wohnen in der Regel weder der Abhängigkeits- noch der Fremdbestimmungsgrad besonders hoch. Da die Bewohnerinnen und Bewohner sich aber an Hausregeln, die über das bei einem normalen Mietverhältnis Übliche hinausgehen, halten müssen und insbesondere regelmässig Besuch von einer beim begleiteten Wohnen angestellten Person empfangen müssen, wird der Heimbegriff auch auf das begleitete Wohnen angewandt. Ausserdem haben begleitete Wohnformen in der Regel den Zweck, die Bewohnerinnen und Bewohner auf ein selbständiges Wohnen vorzubereiten. Es spielt keine Rolle, ob der Eintritt freiwillig oder unter Zwang erfolgt ist.

Es fallen beispielsweise folgende Wohnformen unter den Heimbegriff:

  • Unterkünfte für Obdachlose
  • Alters- und Pflegeheime
  • Aufnahme- und Wohnheime aller Art
  • verschiedene Formen des begleiteten Wohnens
  • Pflegefamilien
  • Frauen- und Männerheime
  • Kur- und Erholungsheime
  • therapeutische Wohngemeinschaften
  • ärztlich geleitete Kliniken aller Art
  • Strafanstalten, Untersuchungsgefängnisse

Der Aufenthalt in einem Hotel
Die Platzierung in einem Hotel durch eine Behörde in einer anderen Gemeinde führt nicht zu einer Wohnsitzbegründung. Behördliche Hotelplatzierungen erfolgen regelmässig dann, wenn eine Person ihr Obdach verloren hat und keine Alternative in der Gemeinde vorhanden ist.
Anders kann der Fall dann beurteilt werden, wenn die Hilfe suchende Person einige Zeit vor Unterstützungsbeginn ins Hotel gezogen ist und dieses selber finanziert hat oder wenn die betroffene Person für den Hotelaufenthalt ohne behördliches Zutun einen unbefristeten Vertrag abgeschlossen hat, der Hotelaufenthalt nicht von einer Kostengutsprache abhängt und im Übrigen die Merkmale einer Wohnsitzbegründung gegeben sind. Dann hat auch der Hotelaufenthalt Wohnsitz begründende Wirkung. 

4. Wohnsitzbegründende Spezialsituationen
Campingplatz
Eine Person kann auf einem Campingplatz einen Unterstützungswohnsitz begründen, wenn sie die Absicht hat, dort längerfristig zu bleiben und diese Absicht aufgrund der äusseren Umstände auch umsetzbar ist. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn

  • es sich um einen ganzjährig geöffneten Campingplatz handelt
  • die betreffende Person in einem Wohnwagen (und nicht in einem Zelt) lebt
  • sie postalisch auf dem Campingplatz erreichbar ist
  • etc.

Jenische und Sinti
In der Schweiz leben rund 30’000 Personen jenischer Herkunft, dazu einige hundert Sinti und Manouches, von denen schätzungsweise 2’000 bis 3’000 eine nomadische Lebensweise pflegen. Jenische und Sinti gelten in der Schweiz als nationale Minderheit im Sinn des Rahmenübereinkommens des Europarates zum Schutz nationaler Minderheiten. Die Schweizer Jenischen und Sinti haben meist besondere Beziehungen zur Region, in der sie aufgewachsen sind. Dort haben sie in aller Regel ihren Wohnsitz und ihre Kinder besuchen dort während der Wintermonate die Schulen. Standplätze dienen dem Aufstellen von Wohnwagen, oft auch von Mobilheimen oder vorfabrizierten Kleinchalets und werden zwischen Oktober und März besonders intensiv zum Wohnen und Arbeiten genutzt. Während der Sommermonate bleiben oft ältere Menschen und zum Teil auch Familien mit Kindern, die auf den regelmässigen Schulbesuch Wert legen, auf dem Standplatz (vgl. Bundesamt für Kultur, Jenische und Sinti als nationale Minderheit inklusive die weiterführenden Informationen). Jenische und Sinti, die ein festes Winterquartier haben und regelmässig dorthin zurückkehren, haben ihren Unterstützungswohnsitz am Ort ihres Winterstandplatzes. Der Unterstützungswohnsitz bleibt auch während der Reisezeiten im Sommerhalbjahr bestehen (vgl. Ausführungen unten Verlassen des Wohnortes zu einem Sonderzweck).

Untermietverträge
Gemäss Art. 262 OR kann der Mieter mit Zustimmung des Vermieters seine Wohnung oder ein Zimmer untervermieten. Der Vermieter kann die Zustimmung unter anderem verweigern, wenn ihm aus der Untermiete wesentliche Nachteile entstehen. Das ist z.B. der Fall, wenn die Wohnung durch die Untervermietung überbelegt ist, d.h. dort mehr Personen leben als im Mietvertrag vorgesehen ist. Die Zustimmung muss nicht schriftlich erteilt werden, es genügt ein mündliches Einverständnis oder auch die blosse Duldung der Untervermietung.

Verweigert der Vermieter seine Zustimmung zur Untervermietung, kann grundsätzlich kein Unterstützungswohnsitz begründet werden. Allerdings setzt dies voraus, dass der Vermieter auch entsprechende Schritte unternimmt, z.B. seinen Mieter auffordert, das Untermietverhältnis umgehend zu beenden, der betroffenen Person gegebenenfalls ein Hausverbot erteilt oder eine Ausweisung beantragt. Unternimmt der Vermieter hingegen während längerer Zeit nichts gegen die von ihm an sich nicht gewünschte Untervermietung, so kann dieses Verhalten als Duldung und damit als Zustimmung angesehen werden. Diesfalls kann die betroffene Person einen Unterstützungswohnsitz begründen, auch wenn der Vermieter ursprünglich gegen die Untermiete war.

Unentgeltliches Wohnen bei Freunden und Verwandten
Immer wieder kommt es vor, dass Personen, die ihre Wohnung verlieren, zu Freunden oder Verwandten ziehen. Ist von Vornherein klar, dass die Person nur Unterschlupf bekommt und nur für eine kurze Zeit bleiben kann, dient der Aufenthalt der Vermeidung von Obdachlosigkeit und liegt damit ein Sonderzweck vor. In einem solchen Fall wird kein Unterstützungswohnsitz begründet und ein bestehender wird nicht beendet (siehe nachfolgende Ausführungen unter Verlassen des Wohnortes zu einem Sonderzweck).

Wird die Person jedoch nicht bloss zum Zwecke des Unterschlupfs aufgenommen, sondern wird ihr z.B. ein eigenes Zimmer zur Verfügung gestellt und legt auch sonst die äusserlich erkennbare Lebensgestaltung nichts Gegenteiliges nahe, kann ein Unterstützungswohnsitz begründet werden. Dies auch dann, wenn kein Mietzins bezahlt wird. Gerade wenn Verwandte ein in Not geratenes Familienmitglied bei sich aufnehmen, kann in der Regel davon ausgegangen werden, dass es auf Dauer oder solange bei seiner Familie wohnen kann, bis es eine eigene Wohnung gefunden hat. In solchen Fällen kann ein Unterstützungswohnsitz begründet werden.

5. Zeitpunkt der Beendigung des Unterstützungswohnsitzes
Grundsatz
Wer den bisherigen Wohnsitz verlässt, hat in der Regel keinen Unterstützungswohnsitz mehr, bis er anderswo einen neuen begründet. Im Normalfall ziehen Personen innerhalb des Kantons von der einen Wohnung in eine andere Wohnung um und haben damit ununterbrochen Wohnsitz im Kanton. Der blosse Wohnortswechsel unterbricht damit den Wohnsitz im Kanton nicht.

Der Unterstützungswohnsitz einer Person in einem Kanton bzw. in einer Gemeinde endet also, wenn sie aus dem Kanton bzw. der Gemeinde wegzieht, das heisst, hier nicht mehr wohnhaft oder niedergelassen sein will und nach Aufgabe der Unterkunft (Wohnung, Zimmer usw.) mit ihrem Gepäck oder ihrem gesamten Hausrat das Kantons- oder Gemeindegebiet verlässt. Dies trifft auch dann zu, wenn an keinem anderen Ort ein neuer Unterstützungswohnsitz, sondern bloss Aufenthalt begründet wird.

Die polizeiliche Abmeldung
Bei der Beendigung des Unterstützungswohnsitzes wird die polizeiliche Abmeldung als Indiz für die Wohnsitzaufgabe gewertet, insbesondere dann, wenn die Abmeldung persönlich erfolgte, gewertet. Sie begründet aber weder eine gesetzliche Vermutung für die Wohnsitzaufgabe noch vermag sie diese zu beweisen.

Verlassen des Wohnorts zu einem Sonderzweck
Der Unterstützungswohnsitz endet nicht, wenn jemand das Gebiet des Wohnkantons oder der Wohngemeinde zu einem bestimmten Zweck verlässt. Insbesondere bleibt der Unterstützungswohnsitz dann bestehen, wenn die Person

  • eine kürzere oder längere Reise unternimmt
  • einen Kuraufenthalt macht
  • eine Saison- oder eine andere befristete Stelle an einem anderen Ort antritt und dort während einer befristeten Zeit übernachtet
  • ein Auslandsemester absolviert
  • in ein Heim, eine Anstalt, ein Spital etc. eintritt oder von der Behörde in eine Notunterkunft oder ein Hotel in einer anderen Gemeinde platziert wird
  • sich unter der Woche zu Ausbildungszwecken an einem anderen Ort aufhält (echter Wochenaufenthalt)
  • sich in der gleichen Gemeinde aufhält, aber vorübergehend keine Wohnmöglichkeit mehr hat
  • die bisherige Wohngemeinde zwar verlässt, dies aber nur, um vorübergehenden Unterschlupf bei Verwandten, Freunden oder Kollegen in einer anderen Gemeinde zu suchen (ist der Aufenthalt aber nicht von Vornherein befristet, sondern handelt es sich um einen «Aufenthalt bis auf weiteres», liegt in aller Regel kein Sonderzweck vor)
  • und in weiteren vergleichbaren Situationen

In diesen Fällen bleibt die bisherige Gemeinde zuständig.